Ich sehe bei den Beispielen eigentlich nur solche, die gegensätzliche Interessen beinhalten. Ich sehe gegensätzliche Interessen schon als Notwendigkeit für Verhandlungen an. Ansonsten würde ja einfach weitergespielt werden. Jemand will etwas verkaufen und wenig Geld ausgeben, jemand anderes möchte etwas verkaufen und viel Geld dafür. Das etwas wäre in diesem Falle der Spielinhalt.
Von daher nochmal auf den Punkt gebracht: ich würde die Grundthese, dass jeder Spieler andere Interessen hat, die er gegen die Mitspieler per Verhandlung durchsetzen will, in dieser Absolutheit anzweifeln.
Das ist nicht richtig wiedergegben. Ich schrieb, dass unterschiedliche Interessen Verhandlungen notwendig machen (deswegen verstehe ich auch nicht, warum das so ein wichtiger Punkt sein soll, weil... d'uh!).
Aber es gibt jede Menge Situationen, in denen die Interessen gleich sind (z.B. das alle RPG spielen wollen), die benötigen dann aber eben auch keine Verhandlung. Die Verhandlung ist ja ein Werkzeug, um Konflikte auszuräumen. Wenn ich keine habe, brauche ich auch keine Verhandlung. Im Spiel bemerkt man aber häufig nur die Verhandlung, ohne sich über die Interessen genau im Klaren zu sein (manchmal nicht mal die eigenen). Deswegen will ich die Interessen herausarbeiten.
Ich vermute außerdem, dass Spieler manchmal diese Gegenposition bewusst suchen, um Herausforderungen zu bekommen, die sie alleine nicht erzeugen können.
Hierzu mal eine Anekdote aus meiner Spielrunde: Da gab es die monatelange Diskussion mit mir als SL darüber, wieviel XP den Spielern nun zusteht. Für Quests? Pro Abend? Gutes Rollenspiel? Und alle gleich viel oder unterschiedlich? In jedem Falle war es immer zu wenig. Jemand meinte: immer das Maximum von der Spanne, die vorgesehen sei.
Ich hatte dann irgendwann die Schnauze voll und habe gesagt: Dann lasse ich euch die Wahl, ihr bekommt 1 Milliarde XP jeder sofort oder nehmt euch einfach, was ihr meint zu bekommen. Denn ich hatte mich gefragt, warum ich mich daran eigentlich beteilige, ich wollte einfach, dass sich die SCs "glaubwürdig" im In-Game Zeitrahmen entwickeln und wusste um die drohende Powerspirale.
Was ist passiert?
Die Spieler WOLLTEN vom SL abgebremst werden zumindest aber in einer gemeinsamen Rundenabsprache ausgebremst werden, weil sie sich selbst keine Herausforderungen stellen konnten/wollen. Keiner wollte 1 Milliarde und keiner wollte sich die XP selbst geben. Sie wollten gebremst werden, getan haben sie aber das GEGENTEIL, in dem sie um jeden XP feilschten, bis ein Konsens gefunden wurde.
Ich möchte einmal behaupten, dass selbst wenn ein Spieler sagt, dass sein SC etwas tun möchte, möchte er nicht, dass der SL jedes Mal sagt "gut, das klappt, du rettest die Prinzessin". Gleichzeitig muss der Schein des Erfolgserlebnisses gewahrt sein, das sich der Spieler gegen eine von ihm unabhängige Gegenkraft (die Spielwelt) selbstständig durchgesetzt hat, obwohl er ja eigentlich einen guten Teil selbst an dieser Gegenkraft mitgewirkt hat, in dem er sie zulässt, obwohl ihn keiner dazu zwingt.
Ich denke, die meisten RPGs sind aber so designt, dass sie versuchen, Missverständnisse zu vermeiden. Häufig, indem sie die Optionen der Spieler einschränken (und damit, was sie sich vorstellen "dürfen"). Ich hatte aber angeführt, dass Regeln abhängig von den individuellen Vorstellungen sind (im Sim z.B: wann ist ein Baum "hoch"? wann eine Mauer "glatt"?, beim Indie eher: "wieviel darf ich denn jetzt erzählen?"), damit nachrangig gegenüber den Vorstellungen und somit untauglich, diese Missverständnisse vermeiden zu können (da sie schon vorher auftauchen).
Das allein kann die Verhandlung und dabei sind die Regeln nur ein Mittel zum Zweck. Eines, das effektiv oder ineffektiv sein kann (und damit gut oder schlecht designt).