Autor Thema: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?  (Gelesen 5201 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline BoyScout

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 2.721
    • Profil anzeigen
    • hoch ist gut
Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« am: 25. März 2014, 14:08:56 »
Ich frug mich kürzlich, wohin ich eigentlich im Netz surfen muss, um mich über aktuelle RPG-Entwicklungsströmungen und -projekte zu informieren.

Was meine ich damit überhaupt? In regelmäßigen Zyklen kommen im RPG Bewegungen ins Spiel, die das Hobby als Ganzes vorranbringen. Nicht immer oder sogar selten zum Besseren, aber immerhin ist man hinterher schlauer. Das war in den 80igern Rules-Heavy Systems, in den 90igern Storytelling, in den 2000er Artsy-Fartsy Erzählspiele + ARS. Mehr als Ansätze kamen dabei auch nie heraus. Und nu ... ?
Da scheint man sich ja jetzt auszuruhen, sich auf die Schultern zu klopfen und nichts Neues mehr beizusteuern. Dabei ist es noch ein langer Weg, oh ja.

Ein Freund beobachtete, dass die üblichen Anlaufstellen in den großen Fantasyforen weitestgehend tot sind (ein Dutzend User), wobei ich des Öfteren feststellen musste, dass vielen davon mittlerweile Dekade alte Diskussionstände völlig neu sind bei gleichzeitigem Unwillen, die bevorzugten Spielsysteme (oder alte Modelle) kritisch zu hinterfragen.
Stattdessen werden wieder Besserspieler und Nachkorrigieren propagiert. "Wenn es nicht klappt, ist der Spieler schuld".
Konnte man den Rollenspielspießbürger vor einigen Jahren noch bei den Fanboys der großen Systeme gut im Auge behalten, trifft man ihn nun auch in Systemen an, die einst als innovativ galten. All' die Aufwendungen für die Katz'.

Gleichzeitig sieht man nur "neue" Produkte, die entweder Altes neu aufwärmen oder einfach zum 1000. Mal neu auflegen, von Übersee übersetzt werden oder Fanmaterial zu Uraltsystemen.

Ich frage mich, ob wohl designtechnisch in der deutschen Community noch irgendwo was abgeht. Die google+ community spielt nur Hangouts, die YT-Community (inkl. Nerdpol-forum) macht eher Videomitschnitte und Einsteigerhilfen. Auf RSP-Blogs habe ich den Überblick verloren, da läuft überwiegend selbstgemachtes Material, so scheint mir.
So hat jede Plattform ihren Schwerpunkt, aber RPG-ENTWICKLUNG ist nirgendswo dabei.

Vielleicht übersehe ich die großen neuen Veränderungen ja nur. Wie seht ihr das?
« Letzte Änderung: 25. März 2014, 14:18:41 von BoyScout »

Offline Zornhau

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 1.295
  • Freßt NAPALM!
    • Profil anzeigen
    • Zornhau schreibt ...
Re: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #1 am: 25. März 2014, 14:24:12 »
Es gibt auf Google+ auch Rollenspiel-ENTWICKLER-Communities (auch für rein deutschsprachige Teilnehmer).

Und nur weil die "üblichen Kanäle", wie die ehemals "großen" Foren inzwischen entweder tot sind (AA-Forum) oder nur noch im eigenen Saft kochen (Tanelorn), heißt das nicht, daß nicht immer noch neues Material und neue Strömungen in der deutschen Rollenspiele-Entwickler-Landschaft aufkommen.

Nur finden diese allzu oft auf den isolierten Blog-Inseln und dedizierten Webseiten statt, ohne daß wirkliches Einbeziehen oder gar "Hegen und Pflegen" einer Community erfolgt.

Offline BoyScout

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 2.721
    • Profil anzeigen
    • hoch ist gut
Re: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #2 am: 25. März 2014, 15:02:26 »
Klingt doch schon einmal nach einem Silberstreifen.
Fallen dir da spontan Blogs ein oder Google+..Seiten/User/Kreise/Gruppen (wie auch immer das da heisst) ein, die einen Besuch wert sind?

Was sind denn da die großen Themen?

Offline Zornhau

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 1.295
  • Freßt NAPALM!
    • Profil anzeigen
    • Zornhau schreibt ...
Re: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #3 am: 26. März 2014, 10:54:33 »
Hier eine Community: https://plus.google.com/u/0/communities/116714323327397177642?hl=en

Oder ein Beispiel für unabhängige, projektbezogene Blogs: http://arkadiyarpg.wordpress.com/

Offline BoyScout

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 2.721
    • Profil anzeigen
    • hoch ist gut
Re: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #4 am: 26. März 2014, 11:05:59 »
Super, danke.
Ich komme alleine - denn anders kann man sich in den toten Foren nicht mehr fühlen - nicht mehr weiter und brauche AUSTAUSCH!
Interessiert mich ja schon, ob es mittlerweile neue Ansätze gibt.

Arkadiya war mir aber von vornherein zu klassisch angelegt. Habe darin nichts Neues gesehen, aber evtl. schaue ich nochmal im Detail nach.
« Letzte Änderung: 26. März 2014, 11:08:11 von BoyScout »

Offline writingact

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 10
    • Profil anzeigen
Re: Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #5 am: 23. Oktober 2015, 14:01:16 »
hier scheint ja auch viel los zu sein. Ansonsten muss ich dir recht geben, es hat sich schon viel verändert...

Offline Teylen

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 903
  • brumm
    • Profil anzeigen
    • Teylen's RPG Corner
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #6 am: 20. Dezember 2016, 15:31:56 »
Es gibt bei Facebook eine entsprechende Gruppe. https://www.facebook.com/groups/1780030555565162/
Da ist zwar wenig los, aber nicht Nichts.

Offline jcorporation

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 121
    • Profil anzeigen
    • jcgames
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #7 am: 23. Dezember 2016, 21:50:47 »
Ich nehme das wie BoyScout war. Die Unabhängige Rollenspielentwickler Community auf G+ ist ja quasi tot.
jcgames - meine freien Rollenspiele

Offline BoyScout

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 2.721
    • Profil anzeigen
    • hoch ist gut
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #8 am: 24. Dezember 2016, 00:59:15 »
danke für den Link. Es wird ja schon "etwas gemacht!". Meine Nachfrage damals bezog sich aber auf neue Strömungen. Also RPG neu denken.

Ich spiele die letzten 5 Jahre nur noch Homebrew, Savage Worlds und OD&D. Ich sehe zugegebenermaßen aber auch GAR KEINEN Bedarf an neuen Ansätzen, weil meine gewählten Systeme ja endlich funktionierende sind.

Zornhau hatte aktuell von postmodernem RPG gesprochen und ich finde, das trifft es ziemlich gut. Es wird jetzt nur noch umgerührt aber Neues kommt nichts mehr hinzu.

Offline Zornhau

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 1.295
  • Freßt NAPALM!
    • Profil anzeigen
    • Zornhau schreibt ...
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #9 am: 24. Dezember 2016, 08:42:45 »
Zornhau hatte aktuell von postmodernem RPG gesprochen und ich finde, das trifft es ziemlich gut. Es wird jetzt nur noch umgerührt aber Neues kommt nichts mehr hinzu.
Daß gar nichts Neues mehr im Rollenspielbereich aufkommt, will ich nicht hoffen.

Aber noch nie erschienen allein jeden Monat so viele neue Rollenspiele, wie zur Zeit.
Und bei all dieser FÜLLE an "neuen" Rollenspielen (sowie jeder Menge Zusatzprodukten wie Abenteuern oder "Hacks" zu bestehenden Systemen) gibt es ausgesprochen WENIG wirklich Neues oder auch nur insgesamt gut Gemachtes (meist sind es ja die "tollen Bilder", die Leute zum Kauf verlocken, wo aber das eigentliche Spiel - Regeln und Setting - altbackener Kram ist).

Ich schließe dabei sogar die "Rekombinationen" ein, also die "neuen Mischungen" von Elementen bereits sonst irgendwo eingeführter Rollenspiele. Dabei kommen schon mal recht gute Sachen heraus (City of Mist - PbtA mit Fate-Elementen, The Black Hack - OSR OD&D mit D&D 5E-Elementen), aber insgesamt wird - im Rollenspiel wie auch in der Musik - viel zu sehr auf SEHR Bekanntes gesetzt.

Nur ja nichts Neues, nichts Ungewohntes, da das eventuell ja nicht gut ankommen könnte, die Käufer verschrecken oder verwirren könnte. - Das hat schon den Großteil der aktuellen Musikbranche getötet und schon länger die Filmbranche geradezu veröden lassen, im Rollenspielhobby ist weniger das Geld hier die Motivation für derartige Entscheidungen als, so mein Eindruck, einfach der Wunsch der Macher "zu gefallen" und eben nur ja nicht kritisiert zu werden. (Nicht geholfen haben natürlich übelste Social Justice Warrior Shit-Campaigns gegen manche Entwickler, die tatsächlich mal etwas Provokantes zu versuchen gewagt hatten. - Im Spielehobby wird man dafür gegeißelt, im Film heißt man Lars von Trier und gilt als Künstler.)

Jeder kocht sein eigenes, leider meist aufgrund mangelnder Zutaten und Handwerkskunst fades Süppchen. Und natürlich vornehmlich um sein Ego zu bauchpinseln, denn des Geldes wegen macht niemand wirklich Rollenspiele. - Da somit Egobauchpinselei so wichtig ist, ist auch der gegenseitige Austausch, der ja auch mal zu Kritik an eigenen Werken führen könnte, nicht erwünscht - so mein Eindruck.

Lieber bleibt jeder in seinem ganz persönlichen "Safe Space" und wünscht sich seinen "hat auch mal was gemacht"-Pokal, statt sich dem Ideen-Wettbewerb zu stellen, mal was Gutes, mal was Schlechtes, mal was Mittelmäßiges zu produzieren, aber IMMER daraus zu lernen und zu versuchen besser zu werden. - Das machen nur die Wenigsten. Weil das ja anstrengend ist, und zwar rein von der Arbeitslast, wie eben auch psychisch.

Der aktuelle, postmoderner Beliebigkeit folgende Stand des Hobbys ist ein Ausdruck des gesamten Millenial-Problems, finde ich. Das wächst sich frühestens mit der nächsten Generation von Rollenspielern wieder aus.

Offline blut_und_glas

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 2.086
    • Profil anzeigen
    • d6ideas
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #10 am: 24. Dezember 2016, 15:13:42 »
Nur ja nichts Neues, nichts Ungewohntes, da das eventuell ja nicht gut ankommen könnte, die Käufer verschrecken oder verwirren könnte.

Zitat
Lieber bleibt jeder in seinem ganz persönlichen "Safe Space" und wünscht sich seinen "hat auch mal was gemacht"-Pokal, statt sich dem Ideen-Wettbewerb zu stellen

Auf einer Ebene sind das allerdings auch widersprüchliche Aussagen. Denn tatsächlich ist das erste Zitat ja auch eine Strategie, um im Wettbewerb zu bestehen.

Apropos Wettbewerb, der ist für mich - durchaus im Sinne eines Safe Space - übrigens wirklich etwas, dem ich beim Rollenspiel gerade nicht stellen möchte. Darüber wollte ich ohnehin kürzlich schreiben (wenn auch mehr auf tatsächlich ausgerichtete Wettbewerbe wie Würfelhelds/Greifenklaues Winter-OPC oder das von Athair vorgestellte Jubiläum der Alten Welt bezogen). Dabei ist für mich weniger eine Aversion gegen Kritik und Ablehnung entscheidend, als der Wunsch, diesen Bereich meines Lebens gezielt dem kompetitiven, vermessbaren Leistungsdruck der Arbeitswelt zu entheben.

mfG
jdw
Current thinking of this agency: SLA Equipment Log

Offline Teylen

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 903
  • brumm
    • Profil anzeigen
    • Teylen's RPG Corner
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #11 am: 28. Dezember 2016, 14:57:49 »
Wieso sollten deutsche Entwickler eigentlich den Dialog suchen? Wenn sie dann so mit alten Menschen konfrontiert werden die sie als Millenial zu beschimpfen. Wo die Kritik attestieren das die Entwickler vollständig kritikunfähig sind. Sich aber jede nicht zustimmende Antwort auf die eigene Kritik als SJW-Zensur verbieten.

Wo als Grundprämisse kein interessierter Blick da ist sondern die Feststellung das, bis zum Beweis des Gegenteils, alles ebenso fad wie uninspiriert sei sowie die notwendige Handwerkskunst missen lässt. Mit noch ein paar persönlichen Unterstellungen hinsichtlich Baupinselsucht.

Würde ich ein Rollenspiel entwickeln, was ich nicht mache, würde ich mich mit vielen austauschen. Allerdings nicht so reaktionären Meckertaschen. Wo man noch froh sein kann wenn es nur bei den genannten Einschenkungen bleibt und nicht dazu übergeht noch fesche, neue Kampfbegriffe und Buzzwords zu erfinden um die Verachtung gegenüber den anderen so richtig Nachdruck zu verleihen und ihn zu beleidigen.

Offline jcorporation

  • Blogger
  • ****
  • Beiträge: 121
    • Profil anzeigen
    • jcgames
Antw:Ist die deutsche Entwicklerszene tot?
« Antwort #12 am: 28. Dezember 2016, 15:07:32 »
Ich bin Rollenspielentwickler und bin froh, wenn jemand sich mit meinen Spielen beschäftigt, egal ob fertige oder in Entwicklung befindliche, aber mittlerweile ist es schwierig Kritik für seine freien Rollenspiele zu bekommen, jedenfalls bekomme ich kaum Kritik zu meinen veröffentlichen Spielen.
jcgames - meine freien Rollenspiele