Ich glaube nicht das detailreiche Beschreibung und die Handlungsfreiheit einander ausschließen.
Schließlich bleibt der Vorgang der selbe.
Handlungsfreiheit hat nicht direkt etwas mit der MENGE des Beschreibungstextes zu tun. - Aber: je nachdem, was man alles beschreibt, ÄNDERT sich der beschriebene Vorgang hinsichtlich seiner FAKTEN-Lage im Spiel. Beschreibt man ein Detailelement mehr, dann wird dieses zu einem FAKT. Vorher war es nicht da. Jetzt ist es da. Und weil es jetzt existiert (beschrieben wurde), kann auch ein Spieler dieses FAKT direkt aufgreifen und verwenden bzw. darauf aufsetzend seine eigene FAKTEN-Schaffung vornehmen.
Mehr Details bedeutet mehr FAKTEN und bedeutet somit mehr "Spielmaterial", das nicht erst durch "Hineintragen" der Spieler aufgrund ihres eigenen "Kopfkinos" später zu einem FAKT wird, sondern vom Beschreibenden gleich als solches präsentiert wird.
Dabei kann natürlich solch ein FAKT mehr oder weniger Gewicht (also Relevanz für weitere Entscheidungen und Handlungen im Spiel) haben. - Nur weiß man das vorher manchmal nicht, ob ein als "ausschmückend" beabsichtigtes FAKT nun von den Spielern zu einem RELEVANTEN und WIRKSAMEN "Hebel" für ihre Aktionen verwandt werden wird. - Als Spieler nimmt man das, was einem dargeboten wird, und versucht das Beste daraus zu machen. Auch aus "unwesentlichem Kolorit".
Meines Erachtens liefert es eher noch mehr natürliche Ansatzpunkte auf die man eingehen kann.
Ja, es KÖNNEN solche Ansatzpunkte enthalten sein.
ABER: Die Kritik an ZU LANGEN Beschreibungen zielt nicht etwa "gegen mehr Ansatzpunkte", sondern zielt auf LANGEWEILE und ENDLOSE MONOLOGE ab.
Wenn ein lapidarer Einzeiler eher etwas karg und uninspirierend ankommen könnte, mag eine etwas "farbiger ausgeschmückte" Beschreibung von ein, zwei Sätzen mehr Stimmung und Anregung aufkommen lassen.
Jedoch gilt NICHT, daß dann ein Fünf-Minuten-MONOLOG nun eine "Unmenge Stimmung" oder "massenweise Anregungen" vermitteln würde! - Im Gegenteil! - Überschreitet die Länge der Beschreibung die Aufmerksamkeitsspanne der Spieler (oder schlimmer noch: die Geduldsspanne), dann tritt ein gegenteiliger, ein nachteiliger Effekt ein: die ach so ausführlich präsentierten Beschreibungsdetails gehen UNTER im "Rauschen" des Monologs. Wenn kein Ende in Sicht ist, dann verliert der Zuhörer den Blick auf die WESENTLICHEN Informationen.
Daher wollen die meisten lieber KÜRZERE, aber nicht etwa ZU KURZE, sondern INFORMATIONSDICHTE Beschreibungen.
Ob es nun im Kampf heißt:
"Der Rammstoß des Raptors verfehlt dich und brüllt dich an."
Oder:
"Der Raptor legt den Schädel zu einen weiteren Rammstoß an, schnellt nach vorne, verfehlt dich knapp auf der linken Seite und während er wieder in eine Angriffsstellung geht siehst du wie er sein gewaltiges Maul aufreißt und dich wütenden anschreit: GRAAAAHAAAA"
Und schwupps hat der Spielleiter einen W4 im Rachen! GRAAAAHAAAAaaaargh! *hust* *röchel*
Diese beiden Beschreibungen enthalten unterschiedliche Mengen an FAKTEN und können in unterschiedlichen Situationen passend oder völlig unpassend sein.
Die Kurzbeschreibung paßt bestens, wenn eine Kampfszene eh gerade mit hoher Spannung, Hektik, schnellem Würfeln, schnellen Entscheidungen der Spieler, und voller Immersion in das Kampfgeschehen abläuft. - Da reißt jeder Versuch "Laientheater" zu machen, vollkommen aus dem TEMPO des aktuellen Spielflusses heraus.
Die Langbeschreibung paßt eher zu einer weniger die Spieler auf den Rand ihrer Stühle rücken lassenden, eher zu einer etwas "behäbigeren" Kampfszene, bei der die Spieler sich im Lehnsessel zurücklehnen und den stimmungsvollen Worten lauschen wollen, ohne daß irgendein Gefühl der Dringlichkeit, der Hektik, der Rasanz eines Kampfes auf die Spieler überspringt.
Meine Erfahrung mit HOCHIMMERSIVEN Kampfszenen - gerade auch bei Miniaturen verwendenden Regelsystemen - ist die, daß man sich nicht einfach auf das "Runterwürfeln" reduziert, aber das die Beschreibungen KURZ, KNAPP und der GESCHWINDIGKEIT DES GESCHEHENS ANGEPASST erfolgen. - Wer hier in einer vollimmersiven Aktionsszene erst zu einer langatmigen Beschreibung ansetzt, der reißt seine Mitspieler aus der von den SPIELERN gefühlten Hektik und Dringlichkeit ihrer Entscheidungen heraus und bremst das Spiel aus.
In Runden, in welchen es der Gruppe gelingt trotz rundenbasierter Abwicklung von Kampfszenen das "Echtzeit-Gefühl" aufkommen zu lassen, sind derartig "literarische" Beschreibungen einfach ein Stimmungskiller und vernichten die Immersion der Spieler ins Kampfgeschehen völlig.
Daher: Es kommt immer darauf an, in was für einer Runde, in was für einer Gruppe man spielt, und WIE man dort mit bestimmten Szenen umgeht.
Wenn ich in Deadlands eine langsam aufgebaute Duell-Szene zweier Revolverhelden spiele, dann werden dort selbst kleine Beschreibungsdetails wie der Schweißtropfen, der dem Gegner durch den Stoppelbart rinnt, beschrieben. Da ist ein LANGSAMES Tempo ABSICHT.
Wenn ich in Deadlands eine Schlägerei im örtlichen Saloon bei 40+ Beteiligten auf dem Bodenplan spiele, dann hat jeder Spieler nur SEHR WENIG Zeit seine Aktion zu beschreiben, zu würfeln und umzusetzen, bevor es beim nächsten weitergeht. Hier ist das RASANTE Tempo aller Handlungen und aller Beschreibungen ABSICHT.
Es wird der gleiche Vorgang beschrieben.
Bei Deinem Beispiel: NEIN.
[Der Raptor hat schlecht gewürfelt, aber in der nächsten Runde keine Nachteile]
Du beschreibst mit den Positionierungsinformationen RELEVANTE FAKTEN! - Er hat auf der linken Seite anzugreifen versucht und verfehlt. Wenn ich in einem Regelsystem spiele, das diese Art der Auflösung der Detailebene unterstützt, dann hätte ich z.B. die Möglichkeit ihm mit der in meiner Linken gehaltenen Waffe eins mitzugeben, weil er ja - wie Du auch zusätzlich zur Kurzfassung beschreibst - in eine neue "Angriffsstellung zurückgeht", sich also nicht mehr direkt nah an mir dran befindet. Ideal für einen Schuß mit der Pistole mitten ins Reptiliengesicht. - Dann brüllt er irgendwie herum. In den meisten Regelsystemen, die ich spiele, ist das ein EINSCHÜCHTERN-Versuch, also ein Wurf auf ein Willensduell, nach dem ich eventuell eine Aktion oder meinen ganzen Mumm verlieren könnte mich noch diesem Monstrum entgegenzustellen. Das war in der Kurzbeschreibung NICHT vorhanden!
Kurzbeschreibung: Ein Angriff geht fehl.
Langbeschreibung: Ein Angriff geht fehl. Gegner zieht sich zurück. Gegner macht Willensduell-Angriff.
Für mich sind das INHALTLICH UNTERSCHIEDLICHE Beschreibungen, die ich in so gut wie allen Regelsystem, die nicht total vergröbernd konzipiert sind, auch regeltechnisch RELEVANT unterstützt finde.
In Deadlands Classic, Savage Worlds usw. stellt die Langbeschreibung ein regeltechnisch völlig anderes Vorgehen des Gegners dar, als die Kurzbeschreibung.
In Barbarians of Lemuria ist die Langbeschreibung zumindest um eine volle Aktion reicher als die Kurzbeschreibung (das Einschüchtern).
In Cortex+ sind beide Beschreibungen potentiell gleichwertig, ABER: das Zurückkziehen und den Rachen beim Brüllen präsentieren ist eigentlich eine Beschreibung, die dann vorkommt, wenn der Angriff nicht nur fehlgeht, sondern auch noch eine "Opportunity", also eine 1 auf einem der Würfel des Spielleiters aufgetaucht ist - denn diese Opportunity MUSS ja schließlich auch irgendwo als FAKT in die Beschreibung des Würfelresultats eingehen. Also auch hier: NICHT gleichwertig.
Wobei in der ausschweifenden Variante der Spieler auf die Idee kam dem Schreihals etwas in das Maul zu stecken.
Diese Idee könnte der Spieler immer haben! - Die Frage ist nur, WOLLTEST Du als Spielleiter dem Spieler die GELEGENHEIT (bei Cortex+ sogar: MUSSTEST Du als SL wegen des Würfelresultats dem Spieler die "Opportunity") bieten?
Möchtest Du bei jedem fehlgeschlagenen Angriff eines NSC gleich dem SC einen "Gelegenheitsangriff" auf eine Blöße daherbeschreiben? - Denn nichts anderes ist es ja, was Du durch die Art der Schilderung als FAKT geschaffen hast!
Viele Regelsysteme arbeiten mit ihrer Handlungsdetailebenen so fein auflösend, daß es sich bei den beiden geschilderten Beispielbeschreibungen um UNTERSCHIEDLICHE und keinesfalls gleichwertige Handlungsfolgen handelt.
Daher sind Beschreibungslängen zwar unabhängig bezüglich der Entscheidungsfreiheit der Spieler, aber wenn die längere Beschreibung auch MEHR REGELRELEVANTE und damit mehr spielrelevante Dinge beinhaltet, dann stellt sie eben eine ANDERE Situation dar.
Würde ich bei einem normalen Fehlschlag in Cortex+ gleich auch eine "entblößte Stelle" eines Gegners beschreiben? NEIN! - Warum nicht? - Weil ich mit dem ZWANG für den Spielleiter bei einer gewürfelten 1 eine "Opportunity" zu geben eben genau für diesen Fall noch eine weitere Beschreibungsebene BRAUCHE! - Es ist ein Unterschied, ob sich jemand bei einem mißglückten Angriff entblößt oder ob er nur einfach fehlgegangen ist.
Solche Unterscheidungen sind ein Punkt für die PRÄZISION der Beschreibungen.
Eine Beschreibung sollte stets PRÄZISE sein und nicht relevante Elemente unterschlagen oder auch nur durch sprachliches Unvermögen herunterspielen.
Eine PRÄZISE Beschreibung braucht eine gewisse MINDESTLÄNGE, um alle notwendigen Informationen transportieren zu können.
Wird die Länge einer Beschreibung deutlich gegenüber der Informationsmenge, die vermittelt werden soll, überschritten, dann wird die Beschreibung qualitativ wieder schlechter, da sie UNPRÄZISER wird.