RPG Design-Titel sind ja so wunderbar mainstreamtauglich

In diesem Thread geht es weniger um regelmechanische Finessen sondern mehr darum, was während einer Spielrunde geschieht, BEVOR eine Regel zum Einsatz kommt. Das Ziel ist es, Spielrunden Richtlinien an die Hand zu geben, die für einen "konfliktärmeren" Spielablauf sorgen. Und um zu verstehen, welche Ansprüche Regeln erfüllen können müssen, um "gut" und effektiv zu sein. Ist also Grundlagenforschung, kann langweilig sein, ich finde es sehr spannend.
- Mit Regel meine ich eine vereinbarte Prozedur, um Geschehnisse in der Spielwelt zu bestimmen.
- Mit Rollenspielprozess meine ich den Informationsaustausch zwischen SL und Spieler, der sich um Belange der Spielwelt/des Genres dreht (also weniger darum, wer Pizza bestellt).
- Mit SL meine ich jede Person, die in einem Moment eine Regel für eine Spielsitation vorlegt (in dem Sinne gibt es kein RPG ohne SL. Auch gibt es kein RPG ohne Regeln).
- Ein Spieler übernimmt einen Spielercharakter. Mitspieler sind alle am Tisch. Ein Tisch ist eine Ablage auf mind. einem Bein..
Für alle, die das schon jetzt für Blödsinn halten und sich lieber an bekannteren Namen aufgeilen, hier ein Beispiel:
In The Shadow of Yesterday (TSOY) aka Solar-System (Clinton R. Nixon / Eero Tuovinen) wurde schon versucht das Chaos am Spieltisch zu ordnen.
Dort gab es für eine RPG Probe die Phasen "Intention, Initiation, Execution, Effect", dazu den Begriff Freies Spiel mit Hinweisen wie "eine Szene dauert zwischen 1 und 15 Minuten" (bei Min 16 kommt wohl die Rollenspielpolizei!) sowie die Pflichten des SL und Spielers. Tatsächlich ist die Intention in TSOY so wichtig, dass die Spielregeln bestimmen, wessen Intention durchgesetzt wird (das WIE ist weniger wichtig). Dem Ganzen liegt die etwas naive Vorstellung zugrunde, das eine Intention binär sei oder das Wie und Was trennbar seien. Initiation und Execution sind leider auch nur schöne Begriffe für "der Spieler stimmt zu" und "man nimmt die Würfel in die Hand". Viel lässt sich aus TSOY nicht herausholen, aber der Ansatz verdient Beachtung.
Ich würde mich nun eher am praktischen Ablauf orientieren (z.B. muss sich ein Spieler über seine Intention gar nicht im Klaren sein). Meine Gedanken sind aber noch ziemlich unsortiert. Tatsache scheint mir, dass eine Regelabhandlung (z.B. eine Probe) mindestens aus drei Teilen besteht:
1. "Was möchtest du tun?" - Die Beschreibung der Situation (die Vorstellungen der Mitspieler).
2. "Was ist deine Absicht?" - Die Intentionen der Handelnden (Konsequenz des Erfolgs)
3. "Würfele mal auf X" - Die konkrete Regelabwicklung (Konsequenz des Misserfolgs)
Erst, wenn alles drei untereinander abgestimmt ist, kann die Prozedur ausgeführt werden. Ich habe versucht, die Verhandlung darüber in Fließdiagrammen darzustellen aber das funktioniert nicht, weil sich die drei Punkte gegenseitig bedingen (z.B. kann eine Regelabwicklung neue Fragen zu der Beschreibung aufwerfen). Was man aber tun kann, ist die Prozedur in dieser Reihenfolge zu initiieren. Das ist Aufgabe des SL. Zu bedenken ist hier, dass der Spieler mit der Absichtserklärung auch den Erfolgsfall der Regelabwicklung festlegt, NICHT der SL ("Ich möchte über die Mauer klettern")! Der SL kann aber Teilerfolge beisteuern, sowie den Misserfolg. Der SL hat also im Gegensatz zu vielen Annahmen gar nicht die Kontrolle über alle Ereignisse.
Auch kann eine Abstimmung zur "Regelabhandlung" sein, gar nicht zu würfeln.
Das klingt erstmal furchtbar trivial. Aber ich behaupte 1. Das das ein universelles Fundament für alle RPGs ist, 2. das es wichtig ist, sich diese drei Punkte bewusst zu machen und sich über die Pflichten im Klaren zu sein und 3. das viele eben genau das nicht tun. Dort wird dann mit der Regelabwicklung begonnen ("Würfele mal auf x") und dann beginnt schon die erste Diskussion ("Nee, so meinte ich das doch gar nicht").