Autor Thema: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution  (Gelesen 13813 mal)

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Offline Andreas (RPGnosis)

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Um den Nachbarthread nicht dreist zu hijacken kann hier explizit über meinen Beitrag Regeln im Rollenspiel (Teil 4) - Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution diskutiert werden.

Sind schlechte Regeln, Handwedelei und die Umstellung auf conflict-resolution ein notwendiger und in sich geschlossener Kreis, und ist heutzutage nicht jedes Regelwerk eigentlich auf CR ausgelegt, weil offen gelassen wird, wann man eigentlich eine Probe ablegen muss? Oder ist das ein völlig konstruierter Zusammenhang, denn eigentlich haben Probenmechanismen, der SIS und das Metagame eurer Meinung nach gar nichts miteinander zu tun?
« Letzte Änderung: 04. Dezember 2013, 18:09:18 von Andreas (SG) »
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Offline Zornhau

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #1 am: 04. Dezember 2013, 20:21:56 »
Interessanter Artikel, der leider eine arg seltsam fokussierende "Brille" im Blick auf Regeln und Mechanikarten wirft.

Daher zunächst einmal ein Punkt, der mir als langjährigem Savage-Worlds-Spieler sofort aufgefallen ist:
Savage Worlds skaliert die Kompetenz der Charaktere NICHT ALLEIN über die Würfel-Größe! - Auch ein W12 ist immer nur der Anteil an "Grundkompetenz" in einer Eigenschaft, die eigentliche Kompetenz erhält in SW ein Charakter über Edges/Talente, die einen festen Bonus (meist +2) liefern.

Ohne solch ein Talent ist jemand mit einem hohen Eigenschaftswürfel eben NICHT SO ZUVERLÄSSIG kompetent, wie jemand mit niedrigerem Eigenschaftswürfel, aber mit dem den Bonus gebenden Talent! Das ist der Unterschied bei der Kompetenz, der im Blog-Artikel komplett ignoriert und verkehrt dargestellt wurde.

Mit einer Grundkompetenz von W12 ohne Talent ist ein Ergebnis von 1 bis 3 tatsächlich ein Scheitern, wie auch mit einer Grundkompetenz von W4. MIT dem Talent ist hingegen nur noch ein Ergebnis von 1 ein Scheitern, so daß hier der Unterschied von 1/4 (beim W4) zu 1/12 (beim W12) klarer wird.

Erfolgs-Chancen gegen Standard-Zielwert 4 in Prozent
Extra mit W4: 25%
Extra mit W12: 75%
Wildcard mit W4: 63%
Wildcard mit W12: 88%
Extra mit Talent und W4: 75% (gleich hoch wie bei Extra mit W12 OHNE Talent!)
Extra mit Talent und W12: 92%
Wildcard mit Talent und W4: 79%
Wildcard mit Talent und W12: 93%

In Savage Worlds ist eben gerade nicht die Würfelgröße einer Eigenschaft das bestimmende Maß der Kompetenz (vor allem der zuverlässigen(!) Kompetenz), sondern das betreffende Talent. Die Intensität des Talent-Einflusses (der Prozent-Zugewinn bei der Erfolgs-Chance) nimmt zwar mit steigender Grundkompetenz (Würfelgröße) ab, aber das Talent ist gerade auch bei niedriger Grundkompetenz das Mittel zur Abbildung von Kompetenz.

Dieses Mißverständnis wollte ich hier explizit dargelegt und geklärt wissen, da im Blog-Artikel eben leider komplett die in SW wichtigere Eigenschaftsebene der Charaktere, die Talente, nicht erwähnt wurden. SW ist KEIN "fertigkeitsgetriebenes" System, sondern ein Talent-/Edge-getriebenes.


Offline Zornhau

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #2 am: 04. Dezember 2013, 20:38:27 »
Ein weiteres Mißverständnis:

Conflict Resolution ist KEINESFALLS ein Mittel zum "Durchbringen eines vorbestimmten Plots"!

Eher im Gegenteil! - Rollenspiele wie Fate, HeroQuest 2.0, Other Worlds, Cortex Plus Drama, Cortex Plus Action, usw. haben Conflict Resolution als Basis der "Unsicherheitsauflösung". Aber hier wird der jeweilige "Einsatz", um den es im betreffenden Konflikt geht, oft (fast immer!) von den SPIELERN bestimmt.

Insbesondere bei den sehr SC-vs-SC-lastigen Spielen wie Cortex Drama, wo die Hauptkonflikte allein zwischen den Spielercharakteren stattfinden und es einfach KEINERLEI "vorgefertigten" Plot gibt, dem irgendwer folgen könnte. Allein die Ausgänge (alles andere als "binär" bei Conflict Resolution!) entscheiden über die weitere Verzweigung des Ablaufs der Geschichte.

Die im Artikel als "Belege" für das angebliche "Nichtfunktionieren" von Conflict Resolution aufgeführten Beispiel sind KEINERLEI Konflikte! - Wenn jemand z.B. bei einem anderen Charakter Gedankenlesen anwenden möchte, dann ist das immer noch eine HANDLUNG (Task) und KEIN Konflikt! Das sähe anders aus, wenn klar wäre, welchen Konflikt er denn damit lösen möchte.

Die ART der Herangehensweise bei der Konfliktlösung ist einfach nur die "Färbung" dessen, was innerhalb der erspielten Fiktion passiert. Der Konflikt ist davon aber erst einmal unabhängig.

Beispiel für einen Konflikt: Charakter A möchte in das Gebäude von Charakter B gelangen. Die soziale Vorgehensweise wäre der Einsatz sozialer Charakterfähigkeiten, um Einlaß (offziell erlaubt oder erschwindelt) zu erlangen. Die gewalttätige Vorgehensweise wäre sich den Einlaß zu erkämpfen. Die heimliche Vorgehensweise wäre in das Gebäude einzubrechen, sich unbemerkt Zutritt zu verschaffen. - Bei dem Konflikt geht es somit darum: Schafft es der Charakter in das Gebäude zu gelangen? - Der Einsatz hängt von der Vorgehensweise ab: sozial und ehrlich, er könnte einfach eine Ablehnung erfahren, möglicherweise durch Zurückweisung emotionalen Schaden nehmen. Sozial und verlogen, die Lüge könnte auffallen und er sozialen Schaden z.B. durch Festnahme nehmen. Gewalttätig, der Charakter könnte körperlichen Schaden nehmen und eventuell zusätzlich sozial durch Festnahme geschädigt werden. Heimlich, der Charakter könnte entdeckt werden und fliehen oder kämpfen oder sich herausreden müssen mit entsprechenden Folgen möglichen sozialen, emotionalen oder körperlichen Schadens.

Es wird dabei mit EINER Mechanikanwendung der GESAMTE Konflikt aufgelöst! - Nicht jede Handlung im Einzelnen nach und nach abgewickelt, sondern die Mechanik entscheidet über den kompletten Ausgang, über eventuelle Komplikationen und Folgen. Dabei ist das erzielte Ergebnis, also die von allen gemeinsam erlebte Fiktion, keineswegs weniger detailliert! - Das Detaillierungs-Niveau liegt allein in der Beschreibungstiefe bei der Forterzählung der Fiktion. Das kann mit groben Pinselstrichen erfolgen oder mit sehr detaillierten Schilderungen - je nach Veranlagung des Spielers und der konkreten Situation.

Man kann daher mit extrem grob granularen Auflösungsverfahren wie den Engel-Arkana-Karten oder Everway-Schicksalskarten eben auch sehr fein granulare Fiktionselemente erzeugen - nur liegt eben die Auflösung des gesamten Konflikts bei einem sehr groben Mechanismus (hier: beim einfachen Ziehen und Interpretieren einer Karte).

Im Blog-Artikel kommt der Eindruck auf, daß das gesamte Feld der Konfliktauflösung nicht wirklich verstanden wurde. Die Darlegungen dazu sind einfach extrem "abseitig", daß ich nur empfehlen kann einfach mal wirklich ein paar Regelsysteme mit Konfliktauflösung in der Praxis kennenzulernen.

Offline Andreas (RPGnosis)

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #3 am: 04. Dezember 2013, 22:43:35 »
Danke, Zornhau, für die Ergänzung zu SW - ich muss zugeben, dass ich an SW-Regelwerken selbst nur Agon kenne, und das ist schon eine Weile her, dass ich das gelesen habe. Da konnte ich mich nicht mehr an die Wichtigkeit von Talenten erinnern.

Zur CR: Ich habe das Konzept damals über den verlinkten Arikel von Katharina Pietsch (http://wolkenturm.de/index.php?page=tee_thread&folder=archiv&file=1870) kennengelernt, da wurde das Problem auch angesprochen, dass CR =|= makroskopische Konfliktlösung ist; die Verlinkungen in der Forge zu den wohl längeren Artikeln (?) von Vincent Bakter waren nicht mehr verfügbar, sonst hätte ich da auch noch mehr nachgelesen.
Mir geht's aber ja auch nicht darum, nur Forge-Erkenntnisse von vor zehn Jahren wiederzukauen, sondern ich versuche, mir selbst einen Reim mit diesen Konzepten auf Probleme zu machen, die ich im speziellen an Rollenspielregeln sehe - deshalb verzeih die "seltsam fokussierende Brille". Ich versuche in Teilen, eigene theoretische Gedanken zu formulieren zu Problemen, die sicher nicht jeder hat, die ich aber im Regeldesign grundsätzlich sehe.

Ich wollte auch nicht die CR als reines "Plotdurchbringmittel" darstellen, falls das so rübergekommen ist - allerdings habe ich diese Art, Proben zu behandeln (also Stake vorher festlegen, nicht nur auf Erfolg/Misserfolg schauen) selber im Spiel schon kennengelernt und das hat sich auch (bei DSA) das eine oder andere Mal als durchaus sinnvoll erwiesen. Darum der Gedanke, das direkt neben TR zu stellen als alternatives Konzept, wie man Proben überhaupt interpretieren kann.
Wie gesagt, mir geht's nicht um reine Rekapitulation von Forge-Theorien, sondern darum, wie ich Essenzen daraus selbst in meinem heutigen Spiel und Design verwerten kann. Das sollte ich vielleicht nächstes Mal noch deutlicher machen.

Denn ich bin in diesen ganzen Forge-Diskussionen seinerzeit nicht drin gewesen, sondern habe erst im Nachhinein versucht, aus den vielen Begriffen und Konzepten das für mich und meine Runden Sinnvolle da raus zu ziehen. Deshalb hänge ich auch nicht so sehr an den vielleicht "originalen" oder "TRVen" Definitionen, sondern versuche die Ideen dahinter für meinen eigenen Blick auf Rollenspielregeln (eher klassischer Art) zu verwerten.


Aber vielleicht könntest du mir diese Unterscheidung zwischen "task" und "conflict" nochmal genauer erläutern - führt das am Ende denn dann doch zu dem angesprochenen "Makro-Shift"? Gerne auch in einem eigenen Thread.
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Offline BoyScout

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #4 am: 05. Dezember 2013, 00:10:49 »
meinem Verständnis nach ist task resolution auf die Darstellung einer Handlung bezogen, conflict resolution hingegen auf die Absicht einer Handlung und eben der entsprechenden Lösung der beiden Fragen.

Der Spielraum (wieviel Zeit, wieviel Raum, wieviele Aktionen) spielt dabei eigentlich keine Rolle, aber da es meist gleichzeitig benutzt wurde (conflict resolution in weiten Zeiträumen), auch in den Titeln, die das einführten, wurde das von vielen Leuten irgendwann gleichgesetzt.
So wie SIM (aus GNS) von den Leuten später falsch weitergeführt wurde (nach Forge wäre z.B. Feng Shui oder Leverage RPG auch SIM)

das liegt aber m.E. nicht an den Leuten, die die Begriffe falsch benutzten, denn die haben lediglich die zu ERWARTENDEN Assoziationen der Begriffsnamen angewendet (SIM = Realweltsimulation, klar), sondern an der BESCHEUERTEN Bennenung dieser Begriffe seitens der Forge (conflict = ist doch klar, das muss irgendwas groß angelegtes sein).

aber ich sollte erst den Artikel lesen ;D


@SW: Das SW in Grundkompotenz über die Würfel und "jetzt-aber-die-richtige"-Kompetenz über Edges unterteilt ist natürlich auch total intuitiv beim Spielen  ::)
« Letzte Änderung: 05. Dezember 2013, 00:15:46 von BoyScout »

Offline Zornhau

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #5 am: 05. Dezember 2013, 05:44:22 »
Danke, Zornhau, für die Ergänzung zu SW - ich muss zugeben, dass ich an SW-Regelwerken selbst nur Agon kenne, und das ist schon eine Weile her, dass ich das gelesen habe. Da konnte ich mich nicht mehr an die Wichtigkeit von Talenten erinnern.
Das liegt vermutlich daran, daß AGON eben gerade KEIN Savage-Worlds-Regelwerk verwendet, sondern mit seinem EIGENEN Regelwerk aufwartet. Dieses AGON-Regelwerk kennt tatsächlich keine Talente, ist aber auch insgesamt vollkommen andersartig als Savage Worlds (keine Bennies, keine Talente, keine explodierenden Würfe, keine Unterscheidung Wildcards/Extras, usw.).

AGON stellt, wie auch Dogs in the Vineyard oder Deadlands Classic oder Bacchanal oder andere Regelsysteme, die unterschiedliche Spielwerte in Würfeln unterschiedlicher Größe ausdrücken, eben ein völlig anderes, eigenständiges Regelsystem dar.

Eine "Kritik" allein daran festzumachen, daß ein System Spielwerte als Würfelgrößen ausdrückt, ist genauso sinnlos, wie bei Pool-Systemen an der Größe des Pools oder dem verwandten Würfeltyp die Kritik aufzuhängen. - Für eine Systemkritik ist immer die Betrachtung des GESAMTEN Systems im Zusammenwirken aller Teile notwendig.

Offline Andreas (RPGnosis)

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #6 am: 05. Dezember 2013, 09:23:08 »
meinem Verständnis nach ist task resolution auf die Darstellung einer Handlung bezogen, conflict resolution hingegen auf die Absicht einer Handlung und eben der entsprechenden Lösung der beiden Fragen.
Die Unterscheidung ist mir nicht recht klar, deswegen auch meine Frage, ob den Unterschied zwischen "Konflikt" und "Aufgabe" einer Handlung jemand genauer auseinanderdröseln kann.
Weil allein vom Begriff her, könnte ich ebenso gut sagen, "der Konflikt einer Szene besteht im Erklettern der Mauer, damit oben dann diese nächste Szene starten kann oder eben eine andere" wie "die Aufgabe ist das Erklettern der Mauer".
Bei "Absicht" und "Darstellung" ist's nicht viel besser, "ich habe die Absicht, über die Mauer zu klettern" ist doch im Endeffekt nichts anderes als "mein Charakter soll über die Mauer - das mache ich mit der Fertigkeit Klettern".
Für nähere Erläuterung wäre ich dankbar, am besten noch mit Kommentar zum verlinkten Forge-Thread, wo sich die Leute einig sind, dass der Unterschied zwischen TR und CR ist, ob man vorher die Stakes festlegt. Und hat das von Jan erwähnte "fail forward"-Konzept damit im Original überhaupt etwas zu tun, oder wozu gehört das?

Weil anhand von Zornhaus Beispiel (Konflikt = ins Haus kommen) scheint mir das ansonsten doch so, dass CR eher analog zu "makroskopischer Situationsauflösung" verstanden wird, was in anderen Diskussionen aber verneint wurde.
Die Frage ist also: geht es im gängigen Verständnis von CR eher um den Maßstab (also "Szenenkonflikt" statt "Handlungsausgang"), oder darum, dass die Stakes vorher festgelegt werden (die Definition der verlinkten Forge-Artikel)?

@ Agon: Ok, dann war das ein schlechtes Beispiel, danke für die Aufklärung. Schließe mich dann BoyScouts Aussage über Würfel + Kompetenztalente bei SW an. Ändert aber nichts an der Aussage über die Kompetenz-Streuung von Skill=Würfel-Systemen. Eher würde ich behaupten, dass die Dinge wie Talentboni, Wildcards etc. vermutlich eingebaut wurden, um dieses Problem zu kaschieren. ;)

EDIT: Knoten im Kopf.
« Letzte Änderung: 05. Dezember 2013, 10:10:16 von Andreas (RPGnosis) »
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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #7 am: 05. Dezember 2013, 10:01:34 »
EDIT: Sind die Malmsturm-Regeln "echtes SW"?

Malmsturm verwendet das ANDERE Regelsystem!  ::)

Offline Andreas (RPGnosis)

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #8 am: 05. Dezember 2013, 10:10:01 »
Oh, Pardon, völliger Knoten im Kopf (noch zu früh heute zum Denken)... ich formuliere die Frage um: Gibt's ein kostenloses System im Netz, das echte SW-Regeln hat?
« Letzte Änderung: 05. Dezember 2013, 10:12:28 von Andreas (RPGnosis) »
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Offline Zornhau

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #9 am: 05. Dezember 2013, 12:14:13 »
Gibt's ein kostenloses System im Netz, das echte SW-Regeln hat?
Nein.

Es gibt nur die extrem verkürzten "Schnupperregeln" der Savage Worlds "Probefahrt", die aber wesentliche Elemente nicht aufweisen, sondern nur zum Reinschnuppern dienen.

Die eigentlichen Savage Worlds Grundregeln gibt es auf Deutsch in der kostengünstigen GER-Taschenbuch-Ausgabe (GER-TA) für unter 10 Euro zu erwerben.

Offline BoyScout

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #10 am: 05. Dezember 2013, 19:20:53 »
@Andreas: Das es für die Unterscheidung keine vernünftigen Begrifflichkeiten gibt, weiss ich auch.
zur Mauer (oder besser die Klippe aus dem Beitrag):
Wenn der SL dich fragt, warum du kletterst, dann sagst du eben NICHT "Ich habe die Absicht, die Klippe hoch zu klettern", sondern "Ich habe die Absicht, rechtzeitig zum BÖSEWICHT zu gelangen". Denn das ist es ja, was du eigentlich im Hinterkopf hast.
Ob du dafür die Klippe hochkletterst oder über die Straße gehst, ist für den "Plotpoint" doch vollkommen egal. Das heisst, du gelangst AUF JEDEN FALL zum Bösewicht. Aber wann ist halt die Frage.
Und das ist den meisten klassischen Rollenspielern gar nicht bewusst. Alle gehen einfach stillschweigend davon aus, das der SL "schon weiss, was ich damit vorhabe" und nachher ist das Geschrei groß, weil sich jeder etwas anderes gedacht hat. Da ist der CR Ansatz also eine richtig gute Idee.

Bei der DARSTELLUNG der Handlung ist das alles vollkommen egal. Da klettert man die Klippe um der Klippe wegen hoch. Klar, kann man da sagen "ich habe die Absicht, die Klippe hochzuklettern", aber ausser der Klippe gibt es nichts anderes in diesem Kontinuum. Der Bösewicht danach ist eine völlig eigenständige Herausforderung.


Eigentlich hattest du das in dem Beitrag doch alles schon richtig erläutert, deswegen wundern mich jetzt die Fragen.
Ich finde den Beitrag übrigens ziemlich gut. Ist ja, wie geschrieben, eher locker von der Hand gemacht, beinhaltet aber doch alles Wichtige, wobei ich diesen Absatz als Wichtigsten erachte:
Zitat
Das große Problem ist, dass die meisten Designer anscheinend vor diesem Problem schon lange geistig kapituliert haben, anstatt es zu lösen – ohne den Anspruch, zuverlässige Regeln zu machen, und mit dem Gedanken an den Spielleiter, der’s schon richten wird für seine Runde, kann man natürlich viel unbeschwerter Regeln designen, die gar nicht erst einem Spielwelt-Realitäts-Check standhalten müssen, weil sie ja ohnehin nicht dafür gedacht sind, dass man sie konsequent anwendet. Damit beißt sich die Katze in den Schwanz, und die Dummen sind wieder die, die gern saubere und verlässliche Regeln hätten; die können nur drauf hoffen, dass ihr GMV mit dem ihrer Mitspieler ausreichend übereinstimmt, so dass sie auch mit schlechten Regeln spielen und einen kongruenten SIS hinbekommen können. Das wiederum führt dazu, dass man die (schlechten) Regeln auf Dauer eh nicht mehr so ernst und wichtig nimmt, was wiederum die Designer… und so weiter. Ein echter Teufelskreis, der vielleicht zwangsläufig irgendwann bei Freeform oder völligem Verdruss endet.
« Letzte Änderung: 05. Dezember 2013, 19:26:02 von BoyScout »

Offline Andreas (RPGnosis)

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #11 am: 06. Dezember 2013, 00:32:59 »
Eigentlich hattest du das in dem Beitrag doch alles schon richtig erläutert, deswegen wundern mich jetzt die Fragen.
Ich frage, weil ich Philosoph und damit an einem Diskurs interessiert bin, der dem größtmöglichen Erkenntnisgewinn dient. :)
Ich frage nach, weil ich denke, dass die meisten Leute hier von den Originaltheorien mehr Ahnung haben als ich - wie beispielsweise Zornhau oben die CR beschreibt, verstehe ich sie in erster Linie als einen makroskopischen Ansatz zur Auflösung ganzer "Szenen", und die Stakes-im-Voras-Festlegung, die ich als scheinbar wesentlich zititert habe, ist ihm wohl eher egal.

Das Problem, das ich nach wie vor habe, ist: was genau ist "der Konflikt"? Um an dem Beispiel zu bleiben: es geht ja eigentlich nicht um die Klippe, sondern um den Beschwörer, der oben steht - ok, das macht für die Szene aus Storysicht ja Sinn. Aber: "der Konflikt" ist damit ja eigentlich, ob's die Helden schaffen, den Typen zu verdreschen, oder ob er lachend entkommt. Der Konflikt ist in dem Fall also der Kampf gegen ihn. Nur - die Klippe ist im Weg!
Ich kann doch also hier nicht ernsthaft sagen, dass ein Kampfwurf (wenn das System z.B. nur einen Wurf vorsieht, um einen Kampf zu entscheiden) in diesem Fall gleichzeitig das Erklettern der Klippe beinhaltet...?
Ist das ernsthaft die Intention hinter CR? Oder habe ich das missverstanden und das funktioniert nur in diesem hochkonstruierten Beispiel, das so nie in einer echten Runde vorkommen würde, nicht? Das wäre doch zumindest dann ein grober Fauxpas, wenn es *irgendeine* andere Möglichkeit gibt, "Überwinden physischer Hindernisse" durch das Regelwerk darzustellen. Weil in einer anderen Szene kann es ja mal um ein Wettklettern gehen, und da ist dann tatsächlich das Erklettern der Klippe der Konflikt - oder beinhaltet dann der Trait "Möweneierkoch" gleichzeitig auch das Klettern, Hauptsache man nimmt unterwegs Möweneier mit?
Oder ist CR eigentlich gar nicht für Systeme mit konkreten Fertigkeiten gedacht?
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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #12 am: 06. Dezember 2013, 14:55:11 »
Interessant, dass du Zornhau die Ahnung attestiert, obwohl seine Aussage konträr zu meiner geht. Nicht, dass das eine Leerlaufhandlung wird. Ich habe die Diskussionen damals auch verfolgt und m.E. liegt Zornhau falsch.

siehe dazu auch den Glossar der Forge:
Conflict resolution

    A Technique in which the mechanisms of play focus on conflicts of interest, rather than on the component tasks within that conflict. When using this Technique, inanimate objects are conceived to have "interests" at odds with the character, if necessary. Contrast with Task resolution.


daraus geht unmissverständlich hervor, dass bei CR die "interests" im Fokus stehen. WAS genau getan wird, ist für die Lösung der Probe im Grunde irrelevant (im Gegensatz zur TR). Siehst du auch, das der "conflict" gar nicht Teil der Trennung ist (zur bescheuerten Namensnennung der Forgeismen habe ich mich oben schon geäußert), weil es sich auf jeden Fall um einen "conflict" handeln muss?
Aber wie du im Beitrag ja auch völlig richtig beschrieben hast, tendiert diese Spielart zur Makroskopie. Da muss man hat Ursache und Wirkung trennen.

Dazu ist die KLÄRUNG der "interests" natürlich essentiell, dass muss man halt vorher machen. Aber nicht das VORHER ist das Entscheidende - denn du klärst bei TR ja auch VORHER ob du die Klippe hochkletterst oder hochfliegst - sondern, dass die "interests" überhaupt geklärt werden, genauso, wie bei TR die Handlunge geklärt werden muss. Es geht nur um die Frage, WAS man mit der Probe überprüfen will.

@Was ist Konflikt:
Darauf gibt die Forge AFAIK auch keine Antwort (aber für die Trennung CR/TR ist das, wie gesagt, auch gar nicht nötig). Das einzig wirklich Relevante, was aus der Forge kam, war schlussendlich ja die selbst reflektierte Spielweise.
WARUM mache ich das überhaupt? Was WILL ich eigentlich mit dieser und jener Regel erreichen?

Eine TR ist natürlich auch ein "Konflikt". Vermutlich würde ich die Dinger anders benennen:
- Absichtsklärung
- Handlungsklärung

dann ist auch klar, dass das beides im Grunde gleich abläuft, man halt nur unterschiedliche Dinge beprobt.
Dann sagt meinetwegen ein Spieler:
- Ich erklimme die Klippe, um rechtzeitig beim Bösewicht zu sein und der andere
- Ich rufe die Adler, damit sie mich rechtzeitig zum Bösewicht tragen und noch einer
- Ich zaubere Teleportieren, um rechtzeitig zum Bösewicht zu gelangen
Fällt dir auf, das am Ende immer dasselbe herauskommt (CR)? Wohingegen sie ALLE andere Handlungen durchführen, deren Ausgang individuell ist (TR), wenn man die Absicht ignoriert. Die können ja trotzdem auf ihre engen Skills würfeln, warum nicht? Die Absicht muss halt mit der Fertigkeit erreichbar sein !

Man kann natürlich aus jeder Fertigkeitsprobe stumpf eine CR machen
S: ich würfele auf Klettern
SL: Was willst du erreichen?
S: ich möchte nach oben gelangen
SL: dann würfel mal und sag, wie du das erreichst
*geschafft*
S: Ich klettere hoch (d'uh)

Es geht also gar nicht mehr um's Klettern, obwohl die Auflösung so niedrig ist, dass es quasi mit der Absicht zusammenschmilzt. Und das hat auch nichts mit "fail forward" zu tun (kann man aber draufstülpen). hört sich blöde an, aber genau diese Frage "Was willst du erreichen?" wird ja meist gar nicht gestellt. Und dann geht die Diskussion los ("ok, mit einer Probe kommst du halb die Klippe hoch, jetzt würfele nochmal" - "WTF?"). So betrachtet könnte man CR als die flexiblere Methode bezeichnen, denn es ist immer gut zu wissen, WARUM man etwas tut.

und was du beschreibst mit Klettern zum Kämpfen, ist ja nur eine Frage der Auflösung. Imho wäre das regelwidrig. Klettern ist nunmal nicht Kämpfen. Aber wenn das System "Vigor" oder änhliches als Attribut hätte, dann könnte man das Klettern und Kämpfen ja über eine Probe abhandeln oder? Das geht halt nur, wenn man die Auflösung reduziert. Auf der Forge, soweit ich weiss, gabs dazu mal ein Beispiel mit einem Anwalts-Kriminalfall. Da würfelt dann einer auf "Recherche", ein anderer auf "Unterweltkontakte" etc. und am Ende lösen sie alle den Fall, tun aber VÖLLIG unterschiedliche Dinge. Und das ist CR.
Aber die Aufweitung ist ja nur ein EFFEKT von CR, nicht die Intention.

besser kann ich's nicht erklären. Ich sehe aber auch die Notwendigkeit einer vernünftigeren Systematik. Kannst ja mal was vorschlagen.
« Letzte Änderung: 06. Dezember 2013, 15:11:09 von BoyScout »

Offline alexandro

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #13 am: 06. Dezember 2013, 15:53:45 »
Ein Konflikt ist, wenn die Handlung einen deutlichen Unterschied hat und die Ausgangssituation verändert wird. Bei einem Konflikt werden - unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg - mögliche Folgekonflikte vor einer deutlich veränderten Ausgangssituation ausgetragen. Bei Tasks hat ein Erfolg/Misserfolg nicht notwendigerweise Auswirkungen auf weitere Versuche, den Gesamtkonflikt zu gewinnen.

Also:
"Ich klettere eine Klippe hoch und komme nach oben oder stürze ab", wäre ein Konflikt.
"Ich beginne zu klettern, und komme entweder 3m nach oben oder komme in dieser Runde nicht voran." wäre kein Konflikt, weil es ein Ergebnis beinhaltet, welches am Status Quo nichts ändert.
"Ich klettere und habe einen so hohen Skill, dass ich nicht versagen kann" wäre ebenfalls kein Konflikt (und auch kein Task, sondern eine Karma-basierte Auflösung).
"Ich klettere und bin so gut, dass ich nicht abstürzen kann. Aber komme ich auch leise genug hoch, um die oben an der Klippe stehenden Wachen zu überraschen?" wäre dagegen wieder ein Konflikt.

Klar soweit?

Offline Andreas (RPGnosis)

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Re: [RPGnosis] Schlechte Regeln, "Handwedelei" und Conflict-Resolution
« Antwort #14 am: 06. Dezember 2013, 16:02:11 »
Interessant, dass du Zornhau die Ahnung attestiert, obwohl seine Aussage konträr zu meiner geht. Nicht, dass das eine Leerlaufhandlung wird. Ich habe die Diskussionen damals auch verfolgt und m.E. liegt Zornhau falsch.
(...)
besser kann ich's nicht erklären. Ich sehe aber auch die Notwendigkeit einer vernünftigeren Systematik. Kannst ja mal was vorschlagen.
Ich wollte, indem ich Zornhau "Ahnung" unterstelle, damit keinesfalls anderen Leuten "keine Ahnung" zusprechen. So hast du mich auch hoffentlich nicht verstanden...  :o :) Es ist nur so, dass Zornhau meist recht schnell mit einem "ist SO!" und "ist NICHT SO!" bei der Hand ist, und da ich ihn nicht persönlich kenne, aber weiß, dass er sich schon viele Jahre mit Rollenspiel beschäftigt, gestehe ich ihm im Voraus mehr "Ahnung" (mindestens im Sinn von "eher wissend, wie das ursprünglich alles gemeint war") von dem ganzen Theoriekram zu als mir selbst.

Von dir dagegen habe ich schon öfter gelesen (oder das zumindest so interpretiert), dass du von Forgeianismus insgesamt nicht so viel hältst, und gerade, wenn ich auch deine schöne Erklärung hier lese, sehe ich, dass sich hier unser Begriff dieser Sachen offenbar recht genau deckt - so wie du schreibst, habe ich CR nämlich im Prinzip auch verstanden. Mit meinen Nachfragen ging es mir um die Sache, ob man CR also so, wie ich das sehe, auch auf einzelne Proben anwenden kann - darum wollte ich genauer wissen, was Zornhau eigentlich mit "Konflikt" meint und inwiefern sich das jetzt genau von einer "Aufgabe" (also dem Task) unterscheidet.

Ich versuche, für mich selbst eine größere begriffliche Klarheit zu bekommen und auch neue Blickwinkel, die ich so bisher noch nicht hatte. Also die genauen Unterschiede (und Gemeinsamkeiten?) zwischen TR und CR, ob die Unterscheidung überhaupt sinnvoll zu treffen ist, ob und/oder wie man sie von Mikro/Makro trennen kann, und so weiter.
Denn in dem Sinne, dass CR auch auf einzelne Aufgaben statt ganze Konflikte angewendet wird, nur eben unter der Prämisse, dass gewisse Teile des Ausgangs (etwa "die Mauer hochkommen") schon festlegen, und die Probe nicht das "ob", sondern das "wie" bestimmt. Das ist dann sehr wohl auch ein gutes Werkzeug zur "Plotsteuerung", wiewohl Zornhau dem widerspricht - denn so habe ich "CR" selbst schon im Spiel erlebt.
Dass das nicht die Hauptintention hinter der CR war, mag durchaus sein, und diese versuche ich jetzt durch Rückfragen genauer zu ergründen.
Ich bin mir meiner Wissenslücken durchaus bewusst und versuche durch solche Nachfragen auch mein eigenes Verständnis dieser Sachen auf den Prüfstand zu stellen oder ergänzen zu lassen. Ich
Dafür ist dieses Forum ja auch da. :)
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